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Doppelrückblick auf die Juni-Slams 2011

Zwei Slams in zwei Tagen, das hatte der Juni in Erlangen zu bieten – kurz bevor sich die Kultur eine Weile in ihre Berg-Pause verabschieden musste.

Bereits am 3. Juni gab es eine kleine, eintrittsbefreite Kurzausgabe des EPS unter freiem Himmel anlässlich der Sternen Nacht auf dem Martin-Luther-Platz zu hören, der sich sehen lassen konnte. Lucas Fassnacht (Erlangen), Peter Parkster (Nürnberg), Max Kennel (Bamberg) und Der Tom (Magdeburg) sorgten in zwei Runden für eine abwechslungsreiche Show, bei der trotz zufälliger thematischer Schwerpunktsetzung bei den Themen Gott und Sex auch zu frühabendlicher Stunde kein Blatt – außer manchmal das mit dem Text drauf – vor den Mund genommen wurde.

Für den musikalischen Rahmen sorgte die Wahl-Erlangerin Paula Linke, mit sanften und bezaubernden Songs von frühsommerlicher Leichtigkeit, die für einen guten Kontrast zum Wettkampf sorgten. Den schließlich entschied Max Kennel für sich, und übrigens war das schon sein zweiter Sieg in diesem Jahr.

Nur zwei Tage später fand der letzte reguläre Erlanger Slam vor der Sommerpause statt – wobei sich der Sommer an diesem Tag schon einmal von seiner unangenehmen Seite zeigte angesichts der drückenden Schwüle, die am 5. Juni herrschte. So erlebten wir einen feinen, sehr poetischen Abend, der schon vor Beginn schweißtreibend war.

Die Siegerin des Juni-Slams kommt aus Marburg (wo dereinst die Gebrüder Grimm studierten) und heißt Theresa Hahl. Als Origami-Falterin an den Schnittstellen der Wahrheit überzeugte sie mit ihrem unverwechselbaren Vortragsstil und eigenwilligen lyrischen Perspektiven auf Ruhepole in Zeiten im Schnelldurchlauf.

Frank Klötgen, der mit ihr im Finale stand, verlor sich ganz in einer wortgewaltigen, aber sehr getragenen und philosophischen verbalen Kamerafahrt in den Mikrokosmos einer grünen Wiese – ganz im Gegensatz zu Runde 1, wo der Essener (der übrigens auch Frontmann der Band Marilyn’s Army ist) mit einem sprachlichen Wunschbrunnen hadernd einen virtuos geschriebenen und performten Hochgeschwindigkeitstext zum Besten gab, an den wir hier noch lange erinnern werden

In einer selten so knapp gewesenen und daher auch sehr streitbaren Mehrfachabstimmung am Ende von Runde 1 hatte Klötgen sich gegen den Heidelberger Tobias Gralke durchgesetzt, der mit seinem ruhig vorgetragenen Hochlied auf die Poesie stellenweise für echte Gänsehautmomente sorgte.

Ähnlich eng war es für Katja Hofmann aus Halle, die mit der charmantesten Hasstirade seit langem und einem sofort nachgelegten romantischen Text für ausgeglichenes Bühnenkarma sorgte.

Ebenfalls knapp ausgeschieden war Wolf Hogekamp, einer der absoluten Gründungsväter des Poetry Slams in Deutschland, der für ordentlich Berliner Luft auf der Bühne sorgte, als er seine Heimatstadt und den originären Kommunikationsstil ihrer Bewohner zu mehreren, variantenreichen Texten verdichtete („Janz Berlin ist eine Wolke“).

Und auch darüber hinaus war dieser schöne Abend einer, den ich an eurer Stelle nicht verpasst haben möchte! Da wäre beispielsweise die Piratenballade von Sage Dragon aus Forchheim zu nennen, der das Publikum die akkustischen Effekte zu seiner Schauermär generieren ließ (wobei vor allem der sich auf einzigartige Weise verselbstständigende Meereswind unvergesslich bleiben wird). Axel Horndasch aus Erlangen ließ die Zuschauer Monate und Jahreszahlen auswählen, zu denen er jeweils das dazugehörige Gedicht seiner aktuell jubilierenden Homepage www.gedicht-des-monats.de vortrug. Leonie Mühlen aus Landsberg stellte die lebensverlängernden Maßnahmen längst herztoter Freundschaften in Frage. Schlumpf aus Erlangen, der unfallgeschädigt auf Krücken die Bühne entern musste, zelebrierte Rückblick, Tragik und Traurigkeit ohne jedes Zugeständnis an die allgegenwärtige Unterhaltungsorientierung. Der Heidelberger Philipp Herold überführte eine waschechte Liebeserklärung in die Termini der Fußballberichterstattung – mehr als nur eine plumpe Referenz an die Frauen-WM!

Last but ganz sicher not least sei noch dem Stuttgarter Tino Bomelino ein Dank und ein „Chapeau!“ gesprochen, der uns ein erfrischend unkonventionelles Rahmenprogramm irgendwo zwischen intelligenter Comedy, musikalischer Hingabe und experimenteller Verspieltheit (ich will auch so einen Looper!) servierte – nebst eines längst überfälligen Experiments zur Eruierung des Zusammenwirkens der humoristischen Reaktion auf einen Witz und dem Zusammengehörigkeitsgefühl des Publikums.

Ankündigung Poetry Slam am 5. Juni 2011

Sonntag, 05.06.2011
E-Werk, Erlangen
(Clubbühne)
Einlass 19:30 Uhr
Beginn 20:30 Uhr
Eintritt 6€

ACHTUNG: Letzte Show vor der Sommerpause!

Legenden, Performance-Profis, hochtalentierte Jungpoeten und Shooting-Stars der deutschsprachigen Slamszene – man könnte die für den 5.6. angekündigten Künstler in viele Kategorien einteilen, aber machen wir es kurz: es wird großartig! Freut euch auf einen knisternden Wettkampf der Bühnendichter, die es bei unserer offziellen Saisonabschluss-Show noch einmal wissen wollen, und ein Rahmenprogramm der kuriosen Art.

Wolf Hogekamp (Berlin)
Frank Klötgen (Essen)
Theresa Hahl (Marburg)
Philipp Herold (Heidelberg)
Axel Horndasch (Erlangen)
Katja Hofmann (Halle)
Marvin Suckut (Konstanz)
Sage Dragon (Forchheim)
Tobias Gralke (Heidelberg)
Schlumpf (Erlangen)

Special Guest:
Tino Bomelino (Stuttgart)

Letztes Jahr hatten wir das äußerst spezielle, weil erfrischend experimentelle und vollkommen verspielte Duo „The Funky Schnitzel und the Frankfurter Würstchen“ zu Gast und sind seitdem immer wieder gefragt worden, ob die beiden noch einmal wieder kommen. Das geht zwar nicht, weil es TFSuTFW in dieser Form nicht mehr gibt, aber am 5.6. könnt ihr dafür die weiterentwickelte Nachfolgeversion „Tino Bomelino“ erleben. Die Liebe zur Musik, sehr unorthodoxe Instrumente und ein völlig abgefahrener Humor ergeben dabei eine Mischung, die ihr so mit Sicherheit noch kein zweites Mal gesehen habt…
Ist es eine Pop-Performance? Ist es Comedy? Ist es Hip Hop? Ist es avantgardistische Klangkunst? Ist es ein Flugzeug?
Nein… es ist Tino Bomelino!

Eindrücke vom Februar Slam 2011

Zu früher Stunde senden wir euch unsere ersten Eindrücke vom Poetry Slam Erlangen am 20. Februar 2011:

Vor ausverkaufter Hütte wurde der Abend musikalisch umrahmt  von „Lautstufe Zwei“.

Nach der Auslosung durch die Poetenfee begann ein abwechslungsreicher Slam:

Marvin Suckut stand in seinem Text aus dem Bett auf, wie in den Textzeilen des Liedes von Money Boy und interpretiert es dabei in Form und Inhalt. Auf eine sehr sympathische Art und Weise spannte er die Verbindungen zwischen den Verszeilen und deckte dabei teilweise völlig unerwartete Erkenntnisse auf.

Er wurde von Armin Neitzel abgelöst, der einen Text für Anfänger im Himmel verfasst hatte und uns damit einen Einblick in das Paradies und das mögliche Leben der Hinterbliebenen geboten hat.

Christian Grohganz hatte es mit der Angst zu tun und schilderte die Tücken seiner Kindheit. Angst in all ihren Facetten.

Osama hatte das Gejammere seines Kumpels Ingo satt und zwang ihn mit einer halbautomatischen Pistole die Dinge im Leben zu ändern, die ihn nerven. Genau, ihr habt es erraten, mit dem Ergebnis, dass danach auch wieder alles Scheiße war… sein Statement: Leute, lebt euer Leben und genießt es!

Florian Cieslik befasste sich mit dem Niedergang der Sprache und sein Text war ein Plädoyer für selbige.

Katharina Spengler feierte dieses Jahr bereits im Familienkreis einige runde Geburtstage. Da man da so oft nach der Liebe gefragt wird, schreibt sie kurzerhand einen Text, wo sie erklärt, was es damit so auf sich hat, mit der Liebe.

Carina Birzer konfrontierte, das während ihres Vortrags immer stiller werdende Publikum, mit den Schrecken des KZs in Dachau und zeigte auf, wie absurd ein Lachen in den Gaskammern während der Besichtigung ist.
Eben kein Platz für einen lustigen Schulausflug… das Publikum folgte ihrem Vortrag in respektvollem Schweigen.

Lukas Fassnacht schaffte es, die Menge wieder etwas aufzumuntern, obwohl sein Text sich kritisch mit dem kaputten System befasste. Revolte! Ein Gruß an alle Ottonormalverbrauchten!

Sage Dragon ließ die Emotional-Konversation sprechen und rief auf zu mehr Mut für und in der Liebe, selbst wenn es öfter mal nicht so wie geplant läuft.

Max Kennel begab sich auf die Suche nach den Eiern der Dichter und fand keine… weshalb nur noch dumme Kinder gezeugt werden, da die Dichter lieber dichten als ihren Liebesschwüren auch mal Taten folgen zu lassen. Dieser Vermehrungsaufruf fiel wirklich auf fruchtbaren Boden, denn er schaffte es damit ins Finale.

Der Sieg wurde hart umkämpft zwischen Marvin Suckut, Katharina Spengler und Max Kennel.
Marvin, als Suchender nach der richtigen Ausdrucksform und dem stärkersten Wortmanöver konkurrierte mit dem Text von Katharina Spengler über die Unnahbarkeit einer intellektuellen Frau, der eben diese Haltung dann doch zum Verhängnis wurde. Zum Schluss Max Kennel, der uns in die Grundlagen der Dichtung an sich und generell einführte und dem Publikum auch ihre Tücken nicht vorenthielt.
Der Text in Verbindung mit dem gekonnt gedichteten Vortrag brachten ihm den Sieg ein.

Und zum ersten Mal auch auf e-poetry.de könnt ihr nochmal die Zusammenfassungen von Moderator Jan Siegert anhören.

Runde 1
https://e-poetry.de/wp-content/uploads/2011/02/1.Runde_Zusammenfassung_Jan.mp3

Runde 2
https://e-poetry.de/wp-content/uploads/2011/02/2.Runde_Zusammenfassung_Jan.mp3

Bilder des Abends chronologisch, nicht von alpha nach omega

Auch das Reflexmagazin reviewed über den letzten Erlanger Poetry Slam:
MARACUJA! oder EIER, JUNGS, WIR BRAUCHEN EIER!- der poetry-slam vom 20.Februar 2011

Ankündigung Poetry Slam am 20. Februar 2011

Sonntag, 20.02.2011
E-Werk, Erlangen (Clubbühne)
Einlass 19:30 Uhr
Beginn 20:30 Uhr
Eintritt 6€

Nach unserer großen Jubiläumsshow folgt nun der nächste reguläre Erlanger Poetry Slam – so wie wir ihn kennen und mögen! Selbstverständlich mit vielen neuen Gesichtern und liebgewonnenen alten Bekannten auf der Bühne, angereist aus Nah und Fern und Dazwischen. Drumherum erwarten uns diesmal ein Rahmenprogramm, wie es besser nicht zum Slam passen könnte.

Dem Wettstreit der Bühnendichter stellen sich im Februar…

Florian Cieslik (Köln)
Christian Grohganz (Leipzig)
Marvin Suckut (Konstanz)
Lucas Fassnacht (Erlangen)
Max Kennel (Bamberg)
Carina Birzer (Erlangen)
Osama (Nürnberg)
Bybercap X (Erlangen)
Katharina Spengler (Fürth)
Armin Neitzel (Nürnberg)
Sage Dragon (Forchheim)

Das Rahmenprogramm legen wir im Februar getrost in die vier Hände von…

Lautstufe Zwei (Stuttgart, Fürth)

Bevor  Lautstufe Zwei am 04.03.  auf der Bühne des Tassilo-Theaters in Nürnberg die Premiere ihres neusten Werks feiern, geben sie uns als special guests des Februar-Slams einen kleinen Vorgeschmack auf ihr abendfüllendes Programm „Mit Zuckerbrot und Peitsche!“.

Das uns wärmstens empfohlene Künstlerduo in der Selbstbeschreibung:
„Wir schreiben das Jahr 2011. Alle Künste, wie Musik, Schauspiel, Zauberei, Artistik und Kabarett sind schon lange auf Bühnen zu sehen gewesen. Alle Künste ?– nein.
Eine kleine noch unentdeckte Kunstform macht seit geraumer Zeit von sich reden und begeistert das Publikum. Fetzige Sprechkunst mit wortgewandten, pointieren und sprachwitzigen Rezitationen trifft auf einfühlsame Klaviermusik. Lassen sie sich von einem Programm voller Klangpoesie, Chansons und Wortakrobatik verzaubern und packen Sie Ihr Zwerchfell ein.
Irina Harsch (Klavier) und Tobias Föhrenbach (Sprechkunst) nehmen Sie mit auf eine absurde Geschichte von Beziehungen im Ausnahmezustand.“