Rückblick auf den Poetry Slam im Dezember

Was für ein schöner Jahresabschluss! Ebenso viele Zuschauer wie im Vormonat füllten die Clubbühne mit äußerst guter Laune und begeisternder Atmosphäre. Die Bilder des Abends findet ihr hier.

Im Rahmenprogramm hatte die junge Musikerin Paula Linke aus Erlangen ihren allerersten Auftritt auf einer großen Bühne, den sie nicht nur mit Bravour meisterte, sondern außerdem das Publikum mit schönen selbstgeschriebenen Songs und gefühlvoller Stimme (begleitet von Gitarre und Entenflöte) zu Beginn der beiden Runden in Entzücken versetzte. Auf baldiges Wiedersehen, liebe Paula!

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Der Landauer Indiana Jonas eröffnete den Wettkampf mit Gedanken zur Kunst an sich, um bald darauf seinen Gramma-Tick öffentlich zu machen und in all seiner Schizophrenie vorzuführen. Adrian Baumeister aus Erlangen verlas einen Drehbuchentwurf zu einem weihnachtlichen Trash-Horrorstreifen, namentlich und inhaltlich „Angriff der Mozartkugel-Zombies“. Die Erlangerin Sakura Dojo sezierte aus ihrem U-Boot heraus die eigene unstete Innenwelt in poetische Verse, die nach Art einer nüchternen Bestandsaufnahme vorgebracht wurden. Der Neu-Nürnberger Tobias Föhrenbach beendete die erste Runde mit einer epischen Liebesgeschichte von Lyona und ihrem leidenschaftlichen Franzosen Salami, die schließlich in virtuoser Performance zur Götterdämmerung auf der Schlachtplatte gesteigert wurde. Sowohl Indiana Jonas als auch Tobias Föhrenbach zogen ins Finale ein.

Unser zweiter special guest, Jon Sands aus New York City, brachte schließlich internationales Flair auf die Bühne und zeigte eindrucksvoll, dass in puncto Performance in den Staaten doch noch auf einem etwas höheren Niveau geslammt wird. Mit viel Esprit, Herzblut und intelligenten Texten – manchmal emotionalen und ernsten Werken, manchmal augenzwinkernden Betrachtungen aus dem Bauch der Megalopole heraus – zog er Zuschauer wie Teilnehmer am Ende jeder Runde in seinen Bann. Dabei wurde er bei einigen Stücken von Paula Linke an der Gitarre begleitet, nachdem die beiden sich kurz vor der Show kennen gelernt und diese Kolabo spontan auf die Beine gestellt hatten.

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Jon hat sich übrigens sehr wohl gefühlt bei uns in Erlangen, war begeistert vom überdurchschnittlich offenen und interessierten Publikum und weiß nun außerdem, was sich hinter dem Begriff „Bavaria“ verbirgt 😉
Noch eine Info für langjährige Stammzuschauer: Derrick Brown aus Los Angeles, der erste US-Slampoet, der damals 2002 beim Erlanger Slam aufgetreten war, ist Jon Sands Verleger und Mentor – und so geht eine langjährige Besuchstradition auf die nächste Generation über…

Iris Schwarz aus Berlin ordnete sich als erste Teilnehmerin in Runde Zwo selbst in die gehandicapte Randgruppe der Jugendlichen ein und plauderte in sympathischer hauptstädtischer Unverfrorenheit hinsichtlich ihrer täglichen Hürden und Bürden aus dem Nähkästchen. Der Erlanger Merlin debütierte mit einem ausladenden lyrischen Werk zur differenzierten Selbstbetrachtung im „Manchmal“-Modus auf unserer Slambühne. Jazzkeks aus Karlsruhe erregte sich „Regenbogen kotzend“ am Zustand akuter Frischverliebtheit bei Mitmenschen und beim eigenen Spiegelbild, welches sie aktuell mit wie Barbies Traumkleid glitzernden Augen anstrahlt. Und am Ende der Runde servierte der Nürnberger Daniel Nuber einen politisch nicht unbrisanten, aber durch seinen eigenen Migrationshintergrund (laut Selbstauskunft) legitimierten kabarettistischen Rundumschlag der schärferen Sorte, dem keine herrschende politische und religiöse Klasse ungeschoren davon kam. Runde Zwo ging an Iris Schwarz aus Berlin.

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Im Finale wurden noch einmal alle Geschütze aufgefahren: der idealistische Berufswunsch Lehrer als apokalyptische Albtraumvision im Kriegsgebiet Klassenzimmer (Jonas), das Slamsieg-Rezept als Blaupause und die nicht zu unterschätzende Wirkung von schüchternen Mädchen mit Zopf (Schwarz) sowie ein Rap- bzw. Reb-Battle der Weinsorten mit viel Fachwissen und einem furiosen MC Spätburgunder (Föhrenbach). Am Ende applaudierten die Zuschauer Indiana Jonas zum Sieger des Abends, der damit unter Beweis stellte, dass man auch von der ungünstigen Startposition 1 heraus noch den poetischen Wettstreit für sich zu entscheiden vermag. Herzlichen Glückwunsch und alles Gute für die Zukunft als Lehrer 😉

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Der Slam kehrt am 23. Januar 2011 zurück ins E-Werk, dann auf die große Bühne im Saal. Und keine Sorge, weil unser exklusives Vorverkaufskontingent am 12.12. innerhalb weniger Minuten leergekauft worden war – bei unserer Jubiläumsslam haben wir mehr als doppelt soviele Plätze wie in der Clubbühne und es wird genügend Tickets an der Abendkasse geben.

Wir wünschen euch einen gediegenen Jahresausklang, schöne Feste und gute Rütsche!

… und wer noch ein Review lesen will, den legen wir den Blogeintrag des Reflexmagazins ans Herz

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